Dieses Video ist eine vielschichtige Komposition aus Ebenen, die unter anderem eine homage an die Stadt Düsseldorf darstellen kann. Es gab 1979 dort in der Innenstadt noch das legendäre Ensemble der Moderne aus ’Dreischeibenhaus’, ’Tausendfüssler’ und Schauspielhaus. Damit hat der Drehort des Videos zu tun und das spezielle Setting der Aufnahme. Der ’Tausendfüssler’ war eine Hochstrasse von zentraler Bedeutung im Konzept der ’autogerechten Stadt’, was der Baudezernent Friedrich Tamms nach dem Krieg in Düsseldorf durchsetzte. Ein Ausläufer dieser Hochstrasse mündete in die Berliner Allee gegenüber der Düsseldorfer Börse, die sich mit einer Skulptur vor der Tür schmückte, die sinnigerweise zwei Kursdiagramme in Edelstahlrohren darstellte. Hier ergab sich eine Blickkonstellation, mit der das Videobild konstruiert wurde.
Die Darstellerin steht auf einer der Spitzen der Skulptur in 4 Meter Höhe und hinter ihr erscheint dann ein sich drehendes Reklameschild der Marke ARAL, zusammen mit der blinkenden Digitalanzeige von Temperatur und Uhrzeit. Dieses neonbeleuchtete Schild befand sich auf dem Dach des Gebäudekomplexes an der ’Tuchtinsel’, unmittelbar an der Schadowstrasse. Dahinter wiederum sieht man die obere Ecke des ’Dreischeibenhauses’ mit dem Firmenlogo des damaligen Eigentümers, der Thyssen AG.
Es ist nach Mitternacht, die Nacht im Juli ist warm, 17°. Die Aufnahme dauerte 20 Min., was der Kapazität der Videokassette entsprach, die mit der transportablen ¾-Zoll Maschine der Kunstakademie maximal aufgenommen werden konnte. Klemens Golf verwendete für seine Performances in dieser Zeit oft Gedichte, die er seine Protagonisten auswendig lernen liess. Für dieses Video war es das Gedicht ’Katharina’ von Heinrich Heine, was insgesamt 42 Strophen mit je 4 Verszeilen umfasst. Von diesen insgesamt 168 Verszeilen konnte Gabi Körner etwa 36 in dem Video erinnern, die sie immer wieder gleich in anderer Abfolge spricht, aber die Betonung unbewusst verändert. Die Vorgabe lautete, egal in welcher Reihenfolge, eben das aufzusagen, was ihr in den Kopf kommt. Man hört manchmal die westfälische Mundart in ihrer Diktion heraus. Sie geriet in eine Art Trancezustand, was den Ausdruck der Verszeilen entscheidend veränderte.
Für das Video wurden 8 Minuten gegen Ende der Gesamtaufnahme verwendet. Dazu wurde eine Musikebene gemischt, die das Introitus des Mozert’schen Requiems verwendet, in dem der Chor die Zeilen singt: ’Requiem aeternam dona eis, domine, et lux perpetua luceat eis' (Ewige Ruhe gibt ihnen, Herr, und ewiges Licht leuchte ihnen).
Das Logo der Marke ARAL ist einem Diamanten nachgeahmt, weil dies die edelste Erscheinungsform von Kohlenstoff ist. Der Kraftstoff, der unter dieser Marke vertrieben wird, wurde in Bochum aus einer Mischung von Benzol und Benzin entwickelt und leitet sich damit aus dem Kohlebergbau des Ruhrgebiets ab. Düsseldorf galt in den 60er Jahren als ’Schreibtisch’ des Ruhrgebiets. In dieses Phantasma gehört auch der Name Thyssen, der quasi als ein Synonym für die Schwerindustrie des Ruhrgebietes galt und in dem Symbol für Wiederaufbau und Industriewachstum, dem ’Dreischeibenhaus’ in Düsseldorf, verwaltet wurde. Als die Firma 2010 ihre Verwaltung nach Essen verlegte, kommentierte der neoliberale Düsseldorfer Oberbürgermeister Joachim Erwin, sie sei so wichtig wie eine Pommesbude.
In dem Video wird die Beleuchtung des Thyssenlogos zufällig ausgeschaltet. Mit den Wechselwirkungen des Zufalls spielt dieses Video auch dann, wenn der Autoverkehr der anliegenden Berliner Allee aufbrandet und die Musik zu übertönen scheint. Auch sinkt die Temperatur im Verlauf der Aufnahme, wie die Digitalanzeige zeigt. Eine pessimistische Deutung scheint sich aufzudrängen, was das Aufgehen und Erlöschen von Sternen in der (wessen?) Nacht angeht.
Die vertikale Ausrichtung des Videos brachte erhebliche Schwierigkeiten bei der Wiedergabe mit sich, weil die alten Röhrenmonitore nach einer 90°-Drehung meist Farbfehler bekamen.
Vorführungen/Screenings: 1979 Kunstakademie Düsseldorf, "Videowochen Essen" Folkwangmuseum 1980 Kunsthalle Düsseldorf, Bonner Kunstverein 1982 Kölnischen Kunstverein, Kunsthalle Hamburg, Badischer Kunstverein Karlsruhe, Westfälischer Kunstverein Münster, Städtische Galerie im Lehnbachhaus München 1983 Kunsthalle Nürnberg/Norishalle, Nationalgalerie Berlin, Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in der DDR, Berlin 1984 Rheinisches Landesmuseum, Bonn
Zuletzt wurde das Video noch einmal in der Kunsthalle Düsseldorf am 15.08.2006 gezeigt (Vortrag:“Wie sich Video erledigt hat“).